Aktuell gibt es immer mehr Auseinandersetzungen zwischen geschiedenen Eltern, um ein Wechselmodell als Umgangsmodell mit dem Kind bzw. den Kindern zu initiieren. Mit der Frage Wechselmodell werden mehrere rechtliche Ebenen angesprochen: Das Sorgerecht und die Frage „Wer hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht?“, das Umgangsrecht mit der Frage „Wechselmodell oder Obhutsmodell?“ und die Frage nach dem Kindesunterhalt und Kindergeld. Diese rechtlichen Ebenen stehen in einer Wechselbeziehung zueinander.

Auswirkungen auf Umgang und auf den Kindesunterhaltt

Hier wird nur ein kleiner Ausschnitt betrachtet, um ein zwei grundsätzliche Fragen zum Wechselmodell näher zu beleuchten. Die einzelnen Fälle sind oft sehr unterschiedlich, so dass es nur bei der Grundaussage bleiben kann, dass jede Familie für sich betrachtet werden muss. Im folgenden Blogbeitrag werden nur die Frage nach dem Umgang und die Auswirkung auf den Kindesunterhalt betrachtet.

Umgangsrecht des Kindes – ein Grundrecht

Grundsätzlich handelt es sich bei dem Umgangsrecht um ein Recht des Kindes, das grundrechtlich und durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts abgesichert ist. Im Gesetzt ist in § 1684 I S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert, dass das Kind ein Recht auf Umgang hat. In Art. 6 II S. 1 Grundgesetz und in Art. 8 I Europäische Menschenrechtskonvention finden sich die verfassungsrechtlichen Absicherungen.

Hierzu hat sich das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2013 ausführlich geäußert. So wurde klargestellt: „ […] Wie das Umgangsrecht auszugestalten ist, ist gesetzlich weder verankert, noch gibt es ein gesetzliches Leitbild. Zwar wird vielfach eine Wochenendregelung als ‘Standard‘ umgesetzt, dies heißt aber nicht, dass es das Gesetz so vorsieht. Im Ergebnis muss man daher von einer Einzelfallbetrachtung der Familie ausgehen, welcher persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern am besten dem Wohl des Kindes entspricht.“ (BVerfG, FamRZ 2013, 361)

Kriterien zur Beurteilung des Kindeswohls

Um diesen dehnbaren und damit unbestimmten Rechtsbegriff des „Kindeswohles“ auszufüllen, hat die Rechtsprechung Kriterien entwickelt. So wird u. a. herangezogen:
– die Belastbarkeit des Kindes
– die Wegstrecke für das Kind von Elternhaus / Elternhaus / Schule / Kita
– das Alter des Kindes
– der Wille des Kindes (je älter das Kind, desto mehr wird sein Wille berücksichtigt werden)

In Bezug auf den Umgang muss also geschaut werden, ob ein Wechselmodell jeweils im speziellen Fall Sinn macht oder nicht. In der Rechtsprechung gibt es hierzu keine einheitliche Position, da es immer wieder um eine Einzelfallbetrachtung geht. In der bisherigen Rechtsprechung gab und gibt es unterschiedliche Tendenzen:

– ein Wechselmodell könne nicht gegen den Willen eines Elternteils durchgesetzt werden
– das Wechselmodell entspräche nicht dem Kindeswohl
– ein Wechselmodell könne gerichtlich nicht angeordnet werden.

Wechselmodell und Kindesunterhalt

Mit der Auseinandersetzung mit dem Wechselmodell kam auch vielfach die Idee auf: „Jetzt betreue ich gleich viel wie mein Ex-Partner / meine Ex-Partnerin, also gibt es keinen Anspruch mehr auf Zahlung von Kindesunterhalt.“ Dem ist der BGH mit zwei grundlegenden Entscheidungen entgegengetreten: BGH Beschluss vom 12.03.2014, XII ZB 234 / 13 und Beschluss vom 05.11.2014, XII ZB 599/13.

Ganz grundsätzlich vorab: Wenn und soweit der Mindestunterhalt nicht gesichert ist, hat der Elternteil, der das Kind etwa gleich viel wie der andere betreut, nicht das Recht darauf, entsprechend seine Erwerbstätigkeit einzuschränken, damit der Umgang gleich/paritätisch ausgeübt werden kann. Der Mindestunterhalt für das Kind muss auf jeden Fall gesichert sein. Ein Elternteil kann seine Erwerbsarbeit also nicht einfach reduzieren, um den Umgang auszudehnen. Hier greift der Grundsatz durch, dass der Mindestunterhalt gesichert sein muss, auch wenn das für den unterhaltspflichtigen Elternteil bedeutet, noch mehr zu arbeiten („gesteigerte Erwerbsobliegenheit“). Dies hat zuletzt das Kammergericht Berlin in seiner Entscheidung vom 11.12.2015 / 13 UF 164/15 bestätigt.

Berechnung des Kindesunterhalts beim Wechselmodell

Der BGH hat ausgeführt, dass das Wechselmodell dazu führt, dass beide Elternteile sowohl die Betreuung für das Kind leisten, als auch für dessen Unterhaltsbedarf sorgen. Entsprechend wird zur Bestimmung des Bedarfs des Kindes nun auf beide Elternteile abgestellt; die Einkommen beider Eltern werden dabei zusammengerechnet. Hinzu kommen die Mehrkosten beider Elternteile für die Wohnkosten, die Fahrtkosten zu dem anderen Elternteil und zur Schule sowie eventuell noch weitere persönliche Kosten für die Kinder für die Anschaffung doppelter persönlicher Sachen.

Diese Kosten müssen konkret dargelegt werden, um dann zu sehen, in welcher Höhe über die pauschalierten Regelsätze der Unterhaltsleitlinien (Düsseldorfer Tabelle) Anteile für Wohnen u. a. schon erfasst sind. Sodann muss das Kindergeld noch berücksichtigt werden. In welcher Höhe das Kindergeld angerechnet wird, ganz oder nur zur Hälfte, ist zwischen den Oberlandesgerichten noch nicht eindeutig geklärt. Das OLG Dresden hat sich in einer Entscheidung vom 29.10.2015 20 UF 851/15 für eine hälftige Kindergeldanrechnung ausgesprochen. Aus diesem Gesamtbedarf wird dann die sogenannte Haftungsquote für die Eltern ermittelt – also berechnet, welcher Elternteil wie viel an dem Gesamtbedarf des Kindes zahlen muss.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es noch viele Fragen zum Wechselmodell und zu dessen Auswirkungen gibt. Ob es sich als neues Modell zwischen geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern zur Ausübung des Umgangs durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Meines Erachtens ist für ein gut funktionierendes Wechselmodell die Grundvoraussetzung erforderlich, dass die Eltern trotz ihrer Trennung eine gute Kommunikation und Abstimmung miteinander haben.